02.04.2022, 12:51
ENDPOST
Es war nicht zu übersehen, dass Tom der Älteren ihr Schauspiel nicht abnahm. Jeden anderen hätte es überzeugt – Brie hatte zwar nicht ihr volles Herzblut reingesteckt, aber für die meisten Menschen wäre das ausreichend gewesen, um die Sache ruhen zu lassen. Brie hätte es besser gekonnt, keine Frage, doch das Problem war, dass sie sich einfach nicht entscheiden konnte, ob sie selbst dazu bereit war die Sache ruhen zu lassen. Auch wenn sie Tom seinen Erfolg, die größte Studentenparty des Jahrhunderts organisiert zu haben, vergönnt war, war es nicht das, was Brianne wollte. Es war nicht das, was ausgemacht war und was erwachsene Menschen unter einer Einweihungsparty verstehen würde. Und war es nicht genau das, was Tom ihr seit ihrem ersten Date beweisen wollte? Wie erwachsen er war? Der Schauspieler war es auch, kein Zweifel, ab und an auch mehr als die ältere Amerikanerin. Doch in diesem Moment hatte sie das Gefühl einem Teenager gegenüber zu stehen. Einem pubertierenden Jungen, der nicht verstand, was er falsch gemacht hatte und lieber Bier Pong spielen würde, als sich hier rechtfertigen zu müssen. Genauso fühlte es sich an, als der Jüngere mit seiner Standpauke begann. Die 29-jährige beobachte Tom stumm, während er sich in Rage redete. Er war wütend und mit jedem Satz wurde er wütender. Genauso wie Brie. Ihr Brustkorb hob und senkte sich verdächtig stark, so intensiv sog Brianne die stickige Luft ein. Sie presste ihre Lippen aufeinander, um nicht in Versuchung zu geraten etwas zu sagen, was sie später bereuen würde. Denn nur ein Satz wiederholte sich immer und immer wieder in ihrem Kopf. Benimm dich nicht wie ein Kind. Meine Güte, dann hatte sie eben keinen Spaß auf dieser Party, was war schon dabei? Was wollte er von ihr? Wollte er ein anerkennendes Schulterklopfen für dieses Desaster und lobende Worte? Einen Sternensticker in seinem Hausaufgabenheft? Tja, darauf würde er lange warten können. Schließlich gab er ja auch noch zu, dass er das Problem nicht verstand. Konnte er sich tatsächlich noch immer nicht erklären was Brie störte? Sie wollte keinen verdammten Kaviar oder eine piekfeine Gesellschaft, aber zumindest etwas zivilisiertes Verhalten. Das konnte doch nicht zu viel verlangt sein. Toms Blick traf nun schlussendlich den ihren und Brie wusste sie würde nicht mehr lange an sich halten können. Ein Streit vor Gästen gehörte sich zwar nicht, doch bei dieser Party herrschte sowieso schon Anarchie und offensichtlich war es das, was Tom wollte. Entweder einen lautstarken Streit oder sie so weit provozieren, bis sie ihn auf sein Zimmer schickte oder Hausarrest gab. Die hübsche Larson spürte wie ihre Daumen knacksten, nachdem sie ihre Hände zu Fäusten geballt hatte. Der Jüngere wollte Krieg, dann sollte er Krieg bekommen. Schlimmer konnte der Abend sowieso nicht mehr werden.
Doch bevor der Brie-Vulkan ausbrechen konnte, wendete sich plötzlich das Blatt. „Sorry.“ Fragend zog die Captain Marvel-Darstellerin eine Augenbraue nach oben. Die Wut war aus den Augen ihres Freundes gewichen, so wie sie auch in Bries Augen Irritation Platz gemacht hatte. Ok, offensichtlich kam Tom langsam zur Vernunft. Das wurde auch Zeit. Gerade als Brie siegessicher ein triumphierendes Lächeln präsentieren wollte, rutschte ihr bei seinen anschließenden Worten das Herz in die Hose. „Aber die Person, von der ich mir am meisten gewünscht hätte, dass ihr die Party gefällt, gerade diese Person ist hier unglücklich.“ Jegliche Farbe wich aus dem Gesicht der Amerikanerin. „Das hier ist scheiße. Was habe ich von der coolsten Party der Welt, wenn du sie lahm findest?“ Brie schluckte schwer. Sie hatte Tom – mal wieder – Unrecht getan. Er hatte es ihr recht machen wollen. Es war zwar nicht gelungen, aber das war sein Bestreben gewesen und das zählte. Das Ziel war weit verfehlt und die Erinnerung an die Einweihungsfeier ihrer ersten gemeinsamen Wohnung war für die Larson für immer ruiniert, doch da sollte sie Tom zuliebe drüberstehen. Die Blondine sollte es gut sein lassen und Gras darüber wachsen lassen. Manchmal war es besser den Missmut über eine Situation runterzuschlucken, bis er von allein verflog. Darin war die Ältere nicht gut, aber sie würde es hinbekommen. Tom hatte verdient, dass sie es hinbekam. Es war gemein von ihr gewesen ihm ebenso die Feier zu versauen, nur weil sie ihr nicht zusagte. Auch wenn es noch immer frustrierend war, würde sie das Beste daraus machen, um dem Briten nicht ebenso komplett den Abend zu versauen. Aus diesem Grund erwiderte sie seine Entschuldigung. „Mir tut es auch leid.“ Brie war noch immer unglücklich über die Situation und auch noch verstimmt, aber es tat ihr wirklich leid, dass sie Tom das so spüren hatte lassen und ihm ins Gesicht gelogen hatte. Daher war es das Beste sein Friedensangebot anzunehmen, was sie mit einem amüsierten Lächeln tat. „Ich befürchte Besteck wird nicht reichen…Kaviar und Goldteller sind das Mindeste.“, zog sie den Jüngeren auf und gab ihm einen kurzen Kuss auf die Lippen, bevor sie nach seiner Hand griff. „Es tut mir leid, dass ich deine Bemühungen nicht geschätzt habe.“ Das tat es wirklich, auch wenn ihr noch nicht ganz klar war, warum man Pizza zu bestellen und Plastikbecher zu besorgen als ‚Bemühung‘ einstufen sollte, aber Organisationstalent war wohl tatsächlich Frauensache. „Als Entschädigung mach ich mich beim Tanzen zum Affen, was hältst du davon?“, grinste Brie und ließ dem Jüngeren gar keine andere Wahl, da sie ihn bereits an der Hand zu der Traube Leute zog, die zu der viel zu lauten Musik tanzten. Sie tanzte mit ihrem Freund, baute ab und an ein paar peinliche Moves ein, und hatte tatsächlich zeitweise sogar so etwas wie Spaß. Doch nicht, weil sie sich mit den Plastikbechern, der Musik und den fremden Gästen arrangiert hatte. Sondern weil Brie in Tom einen wundervollen Freund gefunden hatte und dem Paar viele großartige Momente in ihrer gemeinsamen Bleibe bevorstehen würden. Ganz gleich wie misslungen sie die Einweihungsfeier fand, die schönen gemeinsamen Erinnerungen an diese Wohnung würden bald überwiegen. Brie würde dieses Theater bald hinter sich lassen, doch noch nicht jetzt, weshalb sie sich nach einer Weile dazu entschloss vor diesem Treiben die Augen zu verschließen. In ihrem Bett. Der Alkoholpegel vieler Gäste hatte inzwischen ein kritisches Limit erreicht und Brie wollte sich den leichten Anflug von Akzeptanz nicht wieder vermiesen. „Sei mir nicht böse, aber ich werde ins Bett gehen. Mein Kopf schmerzt noch immer und ich bin müde. Aber ich wünsche dir noch einen tollen Abend. Genieß den Ruhm deiner Party.“, schmunzelte die 29-jährige und verschwand nach einem Gute Nacht-Kuss im Schlafzimmer. Sie war froh den Raum leer vorzufinden und kein rummachendes Pärchen verjagen zu müssen. Brie setzte sich auf die Bettkante und atmete angesichts des anstrengenden Abends ein paar Mal tief durch, bevor sie in ihr Nachthemd schlüpfte und es sich unter der Decke gemütlich machte. Sie hörte Musik und Gelächter durch die Tür dringen, aber das war ihr egal, denn so bald würde sie sowieso keinen Schlaf finden. Dafür war Brie noch zu aufgewühlt. Die Schauspielerin mochte es nicht, wenn sie ein Thema auf sich beruhen lassen sollte, doch in diesem Fall war es besser so. Also schloss sie ihre Augen und begann damit diesen Abend hinter sich zu lassen.