04.02.2021, 03:45
We look up at the same stars
and see such different things
Brie stand im großzügigen Eingangsbereich ihrer Wohnung und starrte in das Wohnzimmer. Sie hatte es gerade so noch pünktlich nach Hause geschafft. Ein paar wenige Gäste waren schon da, doch das war nicht der Grund, warum ihr Blick ungläubig durch den Raum schweifte. Sie erblickte einen Berg Pizzakartons und die Schauspielerin ging nicht davon aus, dass diese Dekoration waren. Sie war sich ziemlich sicher, dass sich darin Pizza befand. Daneben befand sich ein Stapel Servietten. Keine Teller. Aber gut, wenigstens Servietten, wenn auch mit einem fragwürdigen Muster. Es hätte auch einfach eine Rolle Küchenpapier sein können. „Oh hi, Brie. Danke für die Einladung, das wird bestimmt eine tolle Feier.“, vernahm sie eine quirlige Stimme direkt neben ihr. Es war Lydia, ihre Nachbarin. Auch ein paar Nachbarn hatte das Paar zur Einweihungsfeier ihrer Wohnung eingeladen. Die hübsche Larson sah mit einem Lächeln zu der jungen Blondine und musste sich ein Augenrollen verkneifen, als sie den roten Pappbecher in der Hand ihrer Nachbarin bemerkte. War das Toms Ernst? „Hi Lydia! Ich freue mich, dass du hier bist.“, schmunzelte die Amerikanerin, doch bis zu ihrer Stimme konnte dieses Schmunzeln nicht durchdringen. Aber Lydia fiel das nicht auf oder es störte die Frau Anfang 20 nicht. Brie überlegte, ob Lydia nur aus Höflichkeit prophezeite, dass es eine tolle Feier werden würde oder es tatsächlich so empfand, weil sie noch sehr jung war und das genau ihre Art von Party war. Lydia sagte noch etwas, doch die 28-Jährige konnte es nicht verstehen, die Musik war ihrer Meinung nach viel zu laut. Brie nickte einfach lächelnd und Lydia zog weiter. Die Schauspielerin sah sich wieder um und ermahnte sich gedanklich dabei, die Sache nicht gleich so schwarz zu malen. Ja, sie würden Pizza essen wie Wilde. Ja, sie würde aus irgendwelchen Pappbechern trinken anstatt aus schönen Gläsern. Ja, jeder würde sich aus dem Berg aus Chipstüten und anderen Snacks auf dem Tisch eine aussuchen können und aus der Verpackung essen, anstatt sie in Schüsseln serviert zu bekommen. Aber die Party konnte doch trotzdem toll werden. Womöglich hatten die Gäste nicht so hohe Erwartungen und Ansprüche wie die Gastgeberin. Vielleicht hatten sie Gefallen an diesem Verschnitt von einer Studentenfeier. Ja, ganz sicher mochten sie keine selbstgemachte Pizza, die man von einem echten Teller aß oder Gläser, die klirrten, wenn man mit jemanden anstieß. Mit großen Augen beobachtete sie Harrison, der sich mit den Holland-Zwillingen unterhielt und ihnen die offene Tüte Chips in seiner Hand vor die Nasen hielt, damit sie abwechselnd reingreifen konnten. Vermutlich teilten sie diese auch noch mit fünf anderen Leuten und bald würde jeder in einer Lawine aus Chipskrümmel untergehen, der sich auf die Couch setzte. Wo war sie hier gelandet? So hatte die Amerikanerin sich ihre Einweihungsfeier nicht vorgestellt. Sie wurde aus ihren Gedanken gerissen, als Tom vor ihr auftauchte. Doch diese positiven Gedanken verschwanden wieder, als sie zurück im Geschehen war. Inzwischen waren noch mehr Gäste eingetroffen und eine kleine Gruppe startete in einem Eck wohl schon das erste Trinkspiel. Hatte Tom Shots gekauft? In der anderen Ecke fiel jemanden ein Pizzastück auf dem Boden. Kein Wunder, wenn man keinen Teller hatte. Harrison, Harry und Sam spielten inzwischen mit der nächsten Tüte Chips Pingpong, während die alte, leere Tüte zusammengeknüllt auf dem Couchtisch lag. Dieses Schauspiel hier war doch keine Mücke. Ihr Blick suchte nach Tom und als sie diesen erspähte, ging sie zu ihm. Ganz gemütlich, um nicht aufzufallen, auch wenn ihr steigender Puls nach etwas anderem verlangte. Die Amerikanerin hatte fest vor ihn zu fragen, was der Schauspieler sich eigentlich gedacht hatte. Ob er einfach alles vergessen hatte, was sie für die Feier geplant hatten oder er hier mutwillig Sabotage betrieb. Doch dann stand sie vor ihm und er trug das breiteste und zufriedenste Grinsen auf den Lippen, als er sie ansah. Ihm gefiel, was er hier fabriziert hatte. Na klar.


Ein Soundtrack bestehenden aus kreischenden Gitarren untermalte Toms Rundgang durch die Wohnung. Der junge Mann grinste von einem Ohr zum anderen, während er sich mit stolzgeschwellter Brust umsah. Der Grund für das XXL-Grinsen? Vielleicht die grölenden Jungs, die dem Briten mit ihren Plastikbechern zuprosteten? Oder das junge Paar, welches es sich wild knutschend auf der Couch gemütlich gemacht hatte? Die Antwort war letztlich simpel: Sie alle. Die Jungs, das Paar und auch der breitschultrige Mann hinten in der Ecke, welcher gerade ein großes Stück Pizza herunterschlang und Käsekrümel in seinem Hipster-Bart kleben hatte. Sie alle. All die zufriedenen Gäste, die ganz offensichtlich Spaß auf der Party hatten! Tom erblickte zwei Frauen. Eine Blondine mit kirschroten Lippen forderte ihre Freundin, ein ebenfalls grell geschminktes Mädchen, lachend dazu auf doch bloß schneller, schneller, schneller zu trinken. Der Rotschopf in stylisch zerschlissenen Jeans stürzte den Inhalt seines Bechers zwar schon regelrecht herunter, doch das reichte der Blondine offensichtlich noch längst nicht. Szenen wie diese ließen Toms Augen leuchten. Eigenlob mochte stinken, doch die Feier war einfach mal ein voller Erfolg! Ja, gerade wenn man sich überlegte, dass der Brite die Umsetzung der Einweihungsfeier aufgrund von Bries überraschendem Termin ja quasi ganz alleine hatte organisieren müssen, dann konnte er sich nun doch echt nur lobend auf die Schulter klopfen. Das hier war wie eine Party aus einer US-Komödie über durchgeknallte College-Studenten oder wie aus einem Musikvideo für einen Partysong! Es war so verdammt cool! Tom störte sich noch nicht mal daran, dass er viele der Gäste überhaupt nicht kannte. Im Gegenteil, gehörten diese Leute, die von anderen Leuten mitgebracht worden waren und selber auch wieder andere Leute mitgebracht hatten, nicht zu einer richtig guten Party dazu? Der Engländer sah das so. Und überhaupt, diese Party war einfach der Hammer und wer sie verpasste, der hatte echt die Arschkarte gezogen! Würde sie doch sicher in die Annalen der Party-Geschichte eingehen und dort zur Legende werden (naja, so fühlte es sich zumindest gerade für Tom an)!