06.12.2020, 09:36
Tatsächlich hatte James noch kein Wort gesagt, seitdem Jessica das Set betreten hatte. Das war für die Rothaarige nicht wirklich verwunderlich, denn die Stimmung zwischen ihnen war nach wie vor angespannt und seltsam. Zum Glück waren Beide so professionell, dass man ihnen die eigentliche Stimmung vor der Kamera nicht ansah. Jess fummelte an etwas unsicher an ihrem Saum herum, um sich gedanklich abzulenken. Immer wieder wippte sie auf ihren Füßen auf und ab. Zeit totschlagen war angesagt, denn die Schauspielerin wollte es einfach nur noch hinter sich bringen, denn dann war das Schlimmste vom ganzen Dreh endlich vorbei.
Nach ein paar Augenblicken, die sich anfühlten wie Stunden, war es endlich so weit. James hatte sich auch zu ihr gewandt und seinen Text weggesteckt, als ob er ihn brauchen würde. Der Scherzkeks. Der Brite war wirklich unglaublich gut in seinem Job, das konnte selbst Jess nicht verleugnen. Sie war sich ziemlich sicher, dass er seinen Text ganz genau konnte. Endlich reagierte er auch mal auf sie, indem er endlich die Jacke abstreifte. Schon standen Beide auf Position und die Klappe war gefallen, allerdings dachte Jessica in diesem Moment nur an Eins: Wie oft sie die Szene wohl drehen mussten, damit sie perfekt im Kasten war? Hoffentlich nicht so oft. Die Kamera lief, Beide konnten ihren Text und sie lösten die Umarmung. Es war der Augenblick gekommen, wo sie sich tief in die Augen schauten. Verdammt.
Der Kuss war – filmtechnisch betrachtet – wirklich perfekt gewesen. Die Beiden hatten schon oft bewiesen, dass ihre Lippen perfekt zueinander passten und dass nicht erst heute. Die Rothaarige hatte das Gefühl, dass sich vor allem James so richtig ins Zeug legte. Jess bemühte sich die Kamera nicht zu vergessen, genauso sehr bemühte sie sich an irgendetwas anderes zu denken und nicht daran, dass dieser Moment eigentlich ganz schön war. Das Cut war laut genug, sodass sich die Beiden voneinander lösten. James war trotzdem nur ein paar Zentimeter von ihrem Gesicht entfernt, sodass sie seinen Atem auf ihrer Haut spüren konnte. Plötzlich lächelte James ein solch zufriedenes Lächeln, dass die 41-Jährige das nur erwidern konnte. Sie hatte schon viele Filmpartner gehabt, aber mit James waren solch romantischen Szenen doch irgendwie immer einfachsten.
„Gleich nochmal, ihr seid perfekt so, einfach nochmal wiederholen. Wir brauchen nur ein paar andere Einstellungen.“ – Jess nickte so professionell sie konnte, ging wieder ein paar Schritte zurück, um die Szene nochmal durchzuspielen. Die Kamera bewegte sich kurz durch den Raum und blieb an einer anderen Stelle stehen. „Auf ein Neues.“ – sagte sie schief lächelnd zu James und straffte die Schultern. Der Text und die Umarmung waren erneut kein Problem und schon lagen die Lippen der Beiden aufeinander, so als würden sie nie etwas anderes machen. Vielleicht war es nun Jessica, die sich etwas mehr um den Kuss bemühte und doch ihre Gedanken schweifen ließ, sodass sie das Cut gar nicht wirklich mitbekam. Sie fühlte sich in die Zeit von damals zurückgesetzt, damals… als es für ihre Gedanken nur James gab und niemand anderes. Sekunden später löste sie sich von dem Briten und automatisch fühlten ihre Finger nach ihren Lippen, auf denen sie immer noch die Abdrücke des Kusses spürte. Verdammt, wo war ihr eiserner Wille geblieben?
„Perfekt! Das war perfekt! Wir haben auch alle Einstellungen und sind mit der Szene durch. Kurze Pause.“ – wow, das ging fix. Erneut nickte Jessica und verließ ihre Position, um sich ein Wasser zu holen. Sie brauchte einen kurzen Moment, wo James und ihre gemeinsame Vergangenheit nicht ihre Sinne benebelte. Eigentlich war sich die Rothaarige sicher, dass jegliche Gefühle für den Jüngeren Geschichte waren, ziemlich sicher sogar. Sie hatte ja seit Kurzem einen Ehemann an ihrer Seite. Aber… wenn man einmal eine Person geliebt hatte, war es immer wieder schwer in dessen Nähe zu sein, vor allem, wenn man sich beruflich bedingt küssen musste.