08.01.2021, 08:16
Ein bisschen war Jessica schon überrascht, dass James ihr so schnell gefolgt war. Sie hatte in der Zeit ja kaum Zeit gehabt die Wasserflasche zu öffnen. Einen kurzen Augenblick fragte sich die Rothaarige auch wirklich, warum der Brite sie so schnell aufgesucht hatte. Normalerweise hätte sie ihn so eingeschätzt, dass auch er nach diesem Dreh einen kurzen Moment für sich brauchte. Wer brauchte das nicht nach einer Kussszene? Außerdem war Jess seit sie in ihren Trailer gezogen war, nicht wirklich aufmerksam ihm gegenüber. Logischerweise wollte sie ihm doch einfach nur aus dem Weg gehen. Also, was wollte er nun? Erkannte er nicht, wie sehr es sie schmerzte nur neben ihm stehen zu müssen? Auch die Rothaarige fragte sich manchmal, ob es nicht sinnvoller wäre endlich mal Tacheles zu reden. Damals, nach dieser fürchterlichen Abfuhr, war sie einfach gegangen. Weit weg gegangen. Sicherlich konnte James sich denken, wie sehr ihr sie damit verletzt hatte, aber es war auch sein verdammtes Recht. Es fiel Jessica allerdings bis heute schwer seine richtige Entscheidung von ihrem gebrochenen Herzen zu trennen. Vielleicht half es aber, wenn sie ihm einfach nochmal ins Gesicht sagte, wie sehr es geschmerzt hatte. Vielleicht half es auch, wenn er nochmal in ihr Gesicht sagte, dass seine Entscheidung damals vollkommen richtig begründet war. War sie ja auch, er war verheiratet und das schon seit vielen Jahren. Wollte sie wirklich eine Ehebrecherin sein? Nein, mit Sicherheit nicht.
Jessica konnte wieder aufatmen, da James seine Hand von ihrer löste. Am liebsten wäre sie sich kurz über diese Stelle gefahren, aber das wäre in diesem Moment sicherlich seltsam rübergekommen. So setzte sie sich einfach an einem der nahegelegenen Tische und der Brite folgte ihr, indem er sich ihr gegenübersetzte. „Da hast du wohl recht, wir waren vermutlich zu gut.“ – pflichtete sie ihm bei, dabei zuckte sie genauso mit den Schultern wie es der Schauspieler tat. „Du hast auch einfach unglaubliches Talent. Das weiß jeder. Du bist einer der talentiertesten Schauspieler, mit dem ich je zusammengearbeitet habe und ich bin sicherlich nicht die Einzige mit dieser Meinung.“ – antwortete sie ehrlich, aber sie konnte nicht zurückgeben, dass sie genauso gern mit ihm zusammenarbeitete, weil… es einfach zu wehtat. Rein beruflich betrachtet war James der beste Drehpartner der Welt, aber nicht, wenn man private Kämpfe auszutragen hatte. Sie beobachtete den Briten, wie er mit dem Deckel spielte und die folgenden Worte sagte: „Privat sieht das leider etwas anders aus. Mir ist da auch gerade glaube ich etwas klar geworden!“ – Jess schaute auf und fragte sich wirklich, was er damit meinte. Was wollte er ihr jetzt sagen?
Es dauerte einen kurzen Augenblick ehe James weitersprach, währenddessen widmete sie sich weiterhin ihrem Wasserflaschenetikett. Würde ein Außenstehender sie so anblicken, dieser würde niemals denken, dass die Rothaarige 41 Jahre alt war. So wie sie total geknickt an ihrer Wasserflasche herumspielte und jeglichen Augenkontakt vermied. Doch plötzlich schaute sie auf, sobald der Jüngere die Worte ausgesprochen hatte. Was meinte er damit? Für ihn? Für sie? Für beide? „Was meinst du? Natürlich war das ein normaler Filmkuss. Halt ein ziemlich guter.“ – nein, Jess war nicht bereit dafür sich zu outen. Sicherlich hatte ihr der Kuss mit James gefallen und sicherlich waren dabei alte Gefühle aufgekeimt, aber das war kein Grund, dass sie das zugeben musste? Auch, wenn sie sich beim Dreh ziemlich ins Zeug gelegt hatte. Jetzt war es nicht mehr das Etikett der Flasche, sondern die Rothaarige spielte an ihren Nägeln. Sie war zu unruhig. Nach der nächsten Aussage des Briten, nickte sie. Damit hatte er vollkommen recht. Es war einfach nur noch unangenehm und vor allem unbeholfen, das wollte sie auch nicht mehr. Aber wie sollten sie das ändern? Scheinbar hatte er einen Plan, das konnte sie aus dem Augenwinkel erkennen.
Quasi im gleichen Atemzug eröffnete er ihr auch, dass er etwas loswerden möchte. Fragen hob die 41-Jährige ihre perfekt geschwungenen Augenbrauen. Sie müsste lügen, wenn sie sagen würde, dass sie nicht neugierig war. Natürlich war sie das. Wer würde das nicht sein? „Wirklich?“ – fragte die Rothaarige beinahe unglaublich, dabei bezog sich dieses Wirklich eher auf den ersten Teil seiner Aussage. Jessica musste schlucken. „So wie deine Antwort damals ausgefallen war… war es aber richtig. Du warst verheiratet, James. Es ist vier Jahre her. Ich glaube kaum, dass du damals schon solche Schwierigkeiten mit Anne-Marie gehabt hast.“ – plötzlich spürte sie eine leichte Röte auf ihren Wangen als ihr der Satz mit dem Kuss erst einmal so richtig bewusstwurde. Das konnte er nicht ernst werden! Er war so viele Jahre mit seiner Frau verheiratete gewesen! Aber… war sie ihm vielleicht auch ein paar Worte schuldig? Leicht nervös seufzte die Schauspielerin und faltete dann die Hände, um nicht weiter an ihren Fingern zu spielen. „Ich denke, dass es dir eigentlich bewusst ist, was ich jetzt sagen werde. Du hast mir damals wirklich das Herz gebrochen, dabei hatte ich gar nicht das Recht zu denken, dass du deine Frau für mich verlassen würdest. Oh Gott, ich kling wie ein Teenager.“ – kurz unterbrach sie sich selbst, holte aber noch einmal tief Luft. Sie schaute starr auf ihre verschlungenen Hände. „Ich hatte so starke Gefühle für dich, dass es heute noch wehtut in deiner Nähe zu sein, James. Immer, wenn ich dich sehe, dann sehe ich diesen Abend von damals vor mir. Jedes Detail. Ich denke, es ist verständlich, dass ich auf Abstand gehe, oder?“ – wow, das hatte sich gut angefühlt. Die Rothaarige war stolz auf sich, weswegen sie auch aufschaute, um zu gucken, wie James reagierte. „Es tut mir wirklich leid.“ – setzte sie hinterher, einfach, weil sie das Gefühl hatte sich entschuldigen zu müssen.