10.02.2021, 11:30
Scheinbar war es James ein dringendes Bedürfnis seinen Gedanken jetzt Luft zu machen, denn Zeit und Ort waren sicherlich alles andere als perfekt. Aber Jessica war keine Person, die einfach abblockte und sagte, dass sie keinen Bock auf den Scheiß hatte. So musste sie sich dem Gespräch wohl stellen, auch wenn es ihr mehr als unangenehm war. Die Rothaarige rechnete es dem Briten hoch an, dass er überhaupt den Mut gefunden hatte unverblümt dieses Thema anzusprechen. Das wäre ihr im Traum nicht eingefallen, da sie die ganze Sache einfach nur verdrängen wollte. Sicherlich war es ein Versuch wert, so sah das James auch sicherlich. Immerhin konnte das Ganze zwischen ihnen ja kaum schlechter werden, oder? Was folgte nach dermaßen unangenehm? Eigentlich nicht viel. Sicherlich war es schon der ganzen Crew aufgefallen, dass die Beiden nur miteinander sprachen, wenn sie mussten und tatsächlich war dies meistens vor der Kamera. Unsicher darüber, wo dieses Gespräch enden würde, löste sie ihre verschlungenen Hände wieder und fing erneut an mit dem Etikett der Wasserflasche zu spielen. Langsam lösten sich schon die Ecken.
Dem Briten schien es nicht anders zu gehen, nur spielte er mit dem Deckel der unberührten Flasche und nicht mit dem aufgeklebten Etikett. Ob er sich noch sicher war, ob dieses Gespräch hier eine gute Idee war? Doch scheinbar schien er nur zu überlegen, wie er sich weiterhin erklären konnte, sodass sie ihn verstand. Denn plötzlich sprudelten die Worte aus seinem Mund und Jess versuchte dem Schauspieler zu folgen. Sicherlich war ihm durchaus bewusst, was er damals getan hatte, obwohl es natürlich die richtige Entscheidung gewesen war. Trotzdem war es schmerzhaft gewesen. „Es ist okay, es ist vier Jahre her. Niemand würde heute so reagieren, wie man es damals vielleicht getan hat und damals war es für dich absolut richtig gewesen. Wirklich, es ist okay. Ich hatte ja immerhin Zeit ein bisschen darüber hinweg zu kommen.“ – die Rothaarige lächelte schief, was sicherlich eher gequält als natürlich aussah. Aber sie wollte dem Gespräch ein bisschen die Bitterkeit nehmen, damit es nicht mehr ganz so verkrampft und unangenehm war. Die Worte, dass James vielleicht etwas zerstört hatte, was ihm wichtig war, ließen Jessica aufschauen. Damit hatte er wohl recht, denn seit diesem Tagen war ihre wunderbare Freundschaft einfach nicht mehr dieselbe gewesen und wird es auch wohl nie mehr sein.
Inzwischen schaute auch der Brite sie an, in seinem Gesicht herrschte eine gewisse Spannung. Spannung darüber, was sie vielleicht sagen würde. Schließlich gab James zu, dass er es nicht verstand, warum es ihr leidtat. Ja, was tat ihr denn leid? Das war eine gute Frage, vermutlich die Tatsache, dass sie sich damals in einen verheirateten Mann verliebt hatte? Welche normale Person machte sowas schon? „Es tut mir leid, dass ich mich damals in dich verliebt habe. Wäre das nicht passiert, dann wäre heute alles anders.“ – gab sie ehrlich zu, während sie in seine Augen schaute. Es war die Wahrheit, nichts als die Wahrheit. Das hätte einfach nie passieren dürfen. „Was soll sich denn ändern?“ – fragte Jessica schließlich und überlegte, ob sie sich erneut in dieser seltsamen Situation befanden, nur andersherum. „Und selbst wenn, dann ist wirklich die Frage wie.“ – die Rothaarige wollte jetzt nicht ansprechen, dass sie es war, die gerade verheiratet war. Zwar nicht mehr so glücklich, wie am Anfang, weil Gian Luca der Meinung war, dass sie als Schauspielerin kürzertreten sollte. Sich mehr den italienischen Verpflichtungen hingeben sollte. Wie auch immer, das tat jetzt hier nichts zur Sache. „Ich kann nicht ändern, wie ich mich fühle, wenn du in meiner Nähe bist.“ – meinte sie erneut, ziemlich ehrlich. Schließlich entschuldigte sich der Brite und das entlockte der Schauspielerin wenigstens ein kleines Lächeln, denn die Entschuldigung kam von Herzen. „Danke, das weiß ich wirklich zu schätzen.“ – flüsterte sie.
Die Frage war nun, würde es ihnen anschließend besser gehen, wenn sie zusammen am Set waren? Wohl eher nicht, zu viel war noch ungeklärt und unausgesprochen. „Ich trau mich fast nicht es zu fragen. Gibt es eine Möglichkeit wie ich das wieder gut machen kann? Okay die Frage klingt völlig bescheuert. Ich stelle sie anders. Ich würde gerne etwas tun damit es dir besser geht, aber ich bin mir nicht sicher, ob du das zum einen wirklich willst und zum anderen wie das aussehen könnte.“ – fragte James schließlich und diese Frage war durchaus berechtigt, so war es doch auch in ihrem Interesse, dass sie sich in seiner Gegenwart nicht mehr so mies fühlte. Ahnungslos zuckte die Rothaarige mit ihren Schultern, atmete währenddessen tief ein. „Ich weiß auch nicht…“ – murmelte sie, fummelte weiter an dem Etikett herum. „Vielleicht sollte ich auch einfach an mir arbeiten. Es ist kindisch, wie ich mich benehme und es nicht gebacken bekomme, in deiner Gegenwart mich wie ein normaler Mensch aufzuführen.“ – Jess grinste schief. „Das weiß ich, weswegen… sollte ich mir vielleicht Mühe geben, dass es wie früher werden kann. So eine Art Schocktherapie, weißt du.“ – aus ihrem schiefen Lächeln wurde ein zaghaftes Lachen. „Einfach in deiner Nähe bleiben und schauen, was passiert. Ein Glück, dass wir sowieso gerade zusammendrehen. Vielleicht hat das Gespräch die Situation auch etwas entspannt.“ – die Rothaarige wusste, dass dies viele Vielleichts war, aber es war ein Versuch wert, oder? Was blieb ihnen anderes übrig?