04.02.2021, 08:55
Ein Soundtrack bestehenden aus kreischenden Gitarren untermalte Toms Rundgang durch die Wohnung. Der junge Mann grinste von einem Ohr zum anderen, während er sich mit stolzgeschwellter Brust umsah. Der Grund für das XXL-Grinsen? Vielleicht die grölenden Jungs, die dem Briten mit ihren Plastikbechern zuprosteten? Oder das junge Paar, welches es sich wild knutschend auf der Couch gemütlich gemacht hatte? Die Antwort war letztlich simpel: Sie alle. Die Jungs, das Paar und auch der breitschultrige Mann hinten in der Ecke, welcher gerade ein großes Stück Pizza herunterschlang und Käsekrümel in seinem Hipster-Bart kleben hatte. Sie alle. All die zufriedenen Gäste, die ganz offensichtlich Spaß auf der Party hatten! Tom erblickte zwei Frauen. Eine Blondine mit kirschroten Lippen forderte ihre Freundin, ein ebenfalls grell geschminktes Mädchen, lachend dazu auf doch bloß schneller, schneller, schneller zu trinken. Der Rotschopf in stylisch zerschlissenen Jeans stürzte den Inhalt seines Bechers zwar schon regelrecht herunter, doch das reichte der Blondine offensichtlich noch längst nicht. Szenen wie diese ließen Toms Augen leuchten. Eigenlob mochte stinken, doch die Feier war einfach mal ein voller Erfolg! Ja, gerade wenn man sich überlegte, dass der Brite die Umsetzung der Einweihungsfeier aufgrund von Bries überraschendem Termin ja quasi ganz alleine hatte organisieren müssen, dann konnte er sich nun doch echt nur lobend auf die Schulter klopfen. Das hier war wie eine Party aus einer US-Komödie über durchgeknallte College-Studenten oder wie aus einem Musikvideo für einen Partysong! Es war so verdammt cool! Tom störte sich noch nicht mal daran, dass er viele der Gäste überhaupt nicht kannte. Im Gegenteil, gehörten diese Leute, die von anderen Leuten mitgebracht worden waren und selber auch wieder andere Leute mitgebracht hatten, nicht zu einer richtig guten Party dazu? Der Engländer sah das so. Und überhaupt, diese Party war einfach der Hammer und wer sie verpasste, der hatte echt die Arschkarte gezogen! Würde sie doch sicher in die Annalen der Party-Geschichte eingehen und dort zur Legende werden (naja, so fühlte es sich zumindest gerade für Tom an)!
Apropos verpassen! Wo blieb Brie nur?! Sie hatte sich doch nur frisch machen wollen, warum dauerte das so ewig? Sie musste das hier einfach sehen! Natürlich würde sie schon noch hier, im Epizentrum der Party, eintrudeln, das stand ja außer Frage, doch Tom juckte es quasi in den Fingern. Er wollte seiner Freundin dieses super coole ... Ja, eigentlich konnte man es doch fast schon 'Kunstwerk' nennen ... zeigen und konnte es kaum abwarten Bries sicher rundum positive Reaktion zu sehen! Die Reaktion der Frau, die eine Ewigkeit brauchte, um sich die Nase zu pudern ... Bevor Tom sich jedoch wirkliche Gedanken um den Verbleib seiner Herzdame und Mit-Gastgeberin machen konnte, wurde der Londoner schon wieder abgelenkt. „Tom, du wirst nicht glauben wer auch hier ist!“ Harrison war neben dem Briten aufgetaucht. „Du wirst es nicht glauben!“ wiederholte er ganz aufgeregt. Sein Atem roch nach einer Mischung aus Bier und Zwiebelringen und er sah seinen Kumpel nun schelmisch grinsend an. Es war eine alte Bekannte der Freunde, in die Harrison sogar mal verschossen gewesen war. Wie es der Zufall es so gewollt hatte, war sie auch auf der Feier aufgetaucht und natürlich war sie Harrison sofort aufgefallen. Glaubte man ihm, dann sah sie noch immer toll aus, vielleicht sogar noch besser als damals, als man sich aus den Augen verloren hatte. „Sie trägt ihre Haare jetzt erdbeerblond und sieht aus wie eine verbotene Frucht.“ berichtete der junge Mann und kicherte über sein eigenes, dummes Wortspiel. Harrison erzählte weiter von dem Mädchen. Er nuschelte dabei verräterisch. Eben ganz wie ein Mann, der bereits den ein oder anderen tiefen Blick ins Glas riskiert hatte. Währenddessen gingen die Freunde durch die Wohnung und Tom kontrollierte mit prüfenden Blicken, ob auch noch alles Wichtige (Snacks, Drinks) da war und wie die Stimmung so war. Eigentlich konnte sich eh jeder nehmen was und wie viel er davon haben wollte, doch da es im Keller des Hauses leider keine unerschöpfliche Bierquelle gab, musste man da schon ab und an (und auf keinen Fall öfter! Man wollte ja schließlich auch selber noch Spaß haben!) mal eine Bestandsaufnahme machen. Hoffentlich würde Brie bald ihre Schminke aufgefrischt haben, dann könnte sie bei dieser Aufgabe helfen ...
Die Freunde erreichten das Couch-Pärchen just in dem Moment, als die zwei jungen Leute sich voneinander lösten. Wahrscheinlich mussten die Zwei auch einfach mal wieder Luft holen, dachte Tom grinsend. Der picklige, junge Mann, dessen Hände gerade noch in die braune Mähne seiner Freundin verkrallt gewesen waren, griff nun nach seinem Handy. Seine Freundin sah hingegen Tom an. Ihre Wangen waren gerötet und ihr pinkfarbener Lippenstift verschmiert. Sie schenkte dem Briten ein Lächeln. „Coole Party.“ Er erwiderte ihr Lächeln. „Danke. Braucht ihr vielleicht noch was? Vielleicht noch Etwas zu trinken oder ...“ Harrison fiel seinem Freund glucksend ins Wort. „Kondome?“ Der junge Mann sah gar nicht erst vom Display seines Handys auf und auch seine Freundin schien überhaupt nicht empört zu sein. Die Brünette schüttelte lachend den Kopf. „Kondome? Gleich die Mehrzahl? Das ist echt lieb von dir, aber eins würd für den Anfang erstmal völlig reichen, danke.“ antwortete sie schlagfertig und lächelte den Engländer zuckersüß an. Harrisons Ohren liefen rosa an er und stammelte überrumpelt eine Antwort vor sich hin. Tom betrachtete ihn feixend, dann wandte er den Blick ab und ließ seine Blicke durch den Raum schweifen. Für einen Augenblick waren Harrison, dessen Erdbeer-Schönheit und das junge Paar ganz weit weg. Zufrieden lächelnd atmete der Londoner die abgestandene Luft des Raumes tief ein. Der Abend war wirklich fast perfekt. Das realisierte er in dem Moment irgendwie so richtig. Denn der Engländer fühlte sich so jung und frei. Hier unter besoffenen Jungs und frechen Mädchen. Hier war er kein Schauspieler mit Verantwortung und Verpflichtungen. Hier war nur Tom. Ein Idiot unter vielen. Hier hätte er auch einfach nur irgendein Student sein können, der die anstehenden Prüfungen einen herrlichen Abend lang ignorierte. Der Londoner badete gewiss nicht im Selbstmitleid. Tom liebte seinen Job. Mit allem, was dazu gehörte. Auch mit der Verantwortung und der Vorbildfunktion. Er war ein Glückspilz, sehr privilegiert und das wusste er. Tom jammerte also bestimmt nicht herum. Aber es war halt trotzdem wirklich schön einfach mal ausgelassen feiern zu können. Morgen früh konnte er wieder Mister Holland sein. Seinerseits Schauspieler mit einem Agenten und einer Karriere. Mit Terminen, Verpflichtungen und Verantwortung. Doch heute Abend war er nur Tom. Von daher, ja, es war ein fast perfekter Abend. Und sobald Brie endlich "richtig" hier sein würde, würde er gänzlich perfekt sein.
Als die Freundin des Engländers endlich auch die Party mit ihrer Anwesenheit beehrte, war Harrison schon wieder von Toms Seite verschwunden. „Ich hab da noch was nachzuholen.“ hatte er feixend gemeint und seinem Freund verschwörerisch zugezwinkert. Dann hatte er sich auf die Suche nach seiner erdbeerblonden Flamme gemacht. Ob er sie gefunden hatte? Tom wusste es nicht. Kurz darauf hatte er Harrison nämlich zusammen mit Harry und Sam rumalbern sehen. Ganz ohne Erdbeer-Schönheit. Naja, Harrison würde darüber hinwegkommen und Tom hatte jetzt ohnehin nur Augen für die Blondine. „Tut mir leid, dass du nun alles alleine organisieren hast müssen. So war das nicht geplant.“ Der Engländer winkte ab. „Das ist schon okay!” meinte er und lächelte verschmitzt. Tom fiel durchaus auf, dass Brie etwas eigenartig wirkte. Ein wenig verkrampft. Sofort musste er auch daran denken, wie schnell sie vorhin einfach so verschwunden war, um sich die Nase zu pudern. Doch Tom schob diese Gedanken aus seinem Kopf. So ein Quatsch! Wahrscheinlich war die Amerikanerin nur nervös! So eine Party gab man ja auch nicht jeden Tag! „Eigentlich hat es sogar Spaß gemacht diese Party zu organisieren! Und ich glaube, dass an mir ein totaler talentierter Party-Planer verloren gegangen ist.” Er lachte. Dann zog der Londoner die Blondine in seine Arme, küsste sie und sah sie dann mit großen Augen an. Tom war ganz aufgeregt. Es kribbelte in seinem Bauch, so als hätte er den ganzen Abend lang kontinuierlich Brausepulver geschleckt. „Und?” Der Brite musste relativ laut sprechen um die Hip-Hop-Beats, die mittlerweile aus den Lautsprechern plärrten, übertönen zu können. „Schau dich um! Ist das nicht die coolste Party, auf der du je warst?“