13.06.2020, 11:00
Michelle fühlte sich gerade nicht wirklich wohl in ihrer Haut. Alles war neu und ungewohnt, etwas das die Schauspielerin einschüchterte. Immer hatte sie das Gefühl sie wurde angestarrt. Als könnte man in ihr lesen, ohne, dass sie ein Wort gesagt hätte. Der Becher in ihrer Hand hatte deutliche Spuren ihrer Nervosität. Aber meist endete ihre Nervosität damit, dass sie freche Sprüche von sich gab. Alle dachten immer sie sei frech, war sie nicht, sie war einfach nur nervös. Damit wollte sie sich nicht sagen, dass sie ein liebes Mädchen war. Nein Michelle hatte ihr Leben in vollen, manchmal zu vollen, Zügen genossen. Keine Schlagzeile war ihr zu verlegen gewesen, jetzt aber mit Kind, hatte sich ihr Leben vollkommen auf den Kopf gestellt und sie musste lernen, sie selbst zu sein. Ohne Alkohol, ohne freche Zunge, ohne Partys. Sie musste ein Vorbild für ihre Tochter sein und es graute der fast 40-Jährigen davor, dass sie wie ihre Mutter wurde. Niemals wollte sie mit Aya das gleiche Verhältnis haben, wie Michelle zu ihrer Mutter jetzt. Es war eine freundschaftliche Basis, in der man sich weniger sah, und noch weniger sprach. Das war auch ein Grund warum sie so unruhig war. Ihre Mutter allein mit ihrer Tochter. Sicher konnte sich Michelle auf eine Standpauke freuen, was sie doch alles falsch war und wie sie es richtige machen musste. Immer, wirklich immer, gerieten sie aneinander und sprachen dann Wochen kein Wort mehr miteinander. Ians Worte rissen sie aus ihrem Gedankengang und sie blickte ihn etwas überrascht an. War sie wirklich so gut gewesen, es zu verheimlichen oder war Ian einer der wenigen in Hollywood die es einfach nicht interessiert, was die neuesten Schlagzeilen waren. "Ja eine kleine 5 Monate alte Tochter. Aya. Mein Ein und Alles und der Grund warum ich hier sitze." Sie lächelte ihn an und sprach weiter. "Wie hast du das nicht mitbekommen können, halb Hollywood hat sich den Mund darüber zerrissen, wer der Vater sein könnte." Mit einem Lächeln blickte Michelle auf als sie ein Räuspern hörte, wie es schien hatten sie die Runde gestört. Lachend zeigte sie mit einem Finger auf Ian. "Er hat mich abgelenkt." Doch dieser Satz kam nicht besonders gut an und sie schwieg sie wieder. Hier würde sie wahrscheinlich nicht lang aushalten, alles war so verklemmt.
Die Runde sprach und sprach, aber Michelle hörte mehr zu als zu sprechen. Sie fühlte sich einfach nicht wohl genug, um preiszugeben, was ihr auf der Seele lag. Dazu benötigte es viel mehr Zeit. Und so atmete sie tief aus, als jemand Pause reif. Schnell war sie auf ihren Beinen und streckte sich. Für Michelle hatte sich die Stunde ewig hingezogen und eine weiter sollte folgen. "Komm ich lad sich auf einen faden Kaffee und nen alten Keks ein." Michelle schritt lachend an ihm vorbei und musste feststellen so viel wie heute, hatte sie schon lang nicht mehr spontan gelacht.
Wie nicht anders zu erwarten war, wollte alle den schlechten Kaffee haben und so stellte sie sich an. Die Schauspielerin machte sich in Gedanken eine Notiz, sollte sie ein zweites Mal kommen, würde sie hauseigenen Kaffee mitbringen. Und etwas zu essen, das nicht vor Zucker klebte. Sie reichte den Kaffee, der schon lauwarm war, an Ian weiter und stellte sich zu ihm. "So erzähl mir von deiner überglücklichen kleinen Familie. Immerhin bis du Vater und als wir das letzte Mal gesprochen haben, war vor Nikki? Das ist ihr Name, oder?" Michelle musste sich eingestehen, nach der Trennung von Nina, war auch Ian aus ihrem Leben verschwunden. Nina sah sie hier und da, aber eine Freundschaft hatten sie Beiden nicht mehr wirklich. Schade aber auch typisch Hollywood. Nicht jeden mit dem man sich einst verstand, war heute noch ein Freund. Vielleicht war das auch etwas, was der Texanerin zu schaffen machten. Kaum etwas in Hollywood war beständig, sondern nur von kurzer Dauer. "Mir war ehrlich gesagt nie so bewusst, dass du mit dem hier zu kämpfen hast." Wenn man an Ian dachte, dachte man nicht sofort an einen Alkoholiker, sondern an jemanden der die Welt verbessern wollte. "Ich dachte immer dein Leben, mit Kind und Frau, sei perfekt." So konnte man sich täuschen, nichts war, wie es schien, perfekt.