28.01.2021, 12:29
Warum hatten sie den Kontakt verloren? Das war eine der Fragen, die sich die Texanerin gerade stellte aber auch schon beantworten konnte. Ihr fiel es schwer Freundschaften zu pflegen, die sie auf einem roten Teppich geschlossen hatte. Michelle wusste noch genau, wie diese Freundschaft zu stand kam. Lost. Die Serie hatte sie zusammengeführt und ihre Freundschaft, wenn auch eine flüchtige, aufgebaut. Nikki war ihr nicht unbekannt, aber beste Freundinnen waren sie sicher nicht. Selbst nach Treffen, war es sicher nicht so, dass sie öfters Kontakt hatten oder gar sich Nachrichten schrieben. Es war mehr eine Freundschaft gewesen, die man aufrechterhielt, wenn man sich auf irgendeinem dieser vielen Partys in Hollywood traf. Hier und da wechselte man ein Wort aber mehr auch nicht. Michelle war jemand die sich sehr zurückhielt war ihr privates Leben anging, besonders jetzt als Mutter einer kleinen Tochter. Sie musste und würde ihre Tochter schützen, vor all den Aasgeiern die sie verfolgten. Seit es an die Öffentlichkeit getreten war, dass sie Mutter wurde, war jeder Schritt ein reiner Spießrutenlauf gewesen. Egal was sie tat, auch wenn sie nur Lebensmittel einkaufen ging, sie wurde immer wieder verfolgt. Bilder von ihr schwanger, brachten eine Menge Geld ein zumindest, dachte sich das Michelle, denn einen anderen Grund konnten sie nicht haben. Geld, nur das spielte eine Rolle in Hollywood. Viel Geld machen ohne Rücksicht auf Verluste. Doch Michelle hatte sich daran gewöhnt, das Geld eine viel zu große Rolle spielte. Sie lebte gut, auch wenn sie nicht wie Vin im Geld schwamm. Sie konnte sich ein gutes Leben leisten. Michelle konnte reisen, sich kaufen, was sie wollte und war versorgt, wie ihre Tochter auch. Doch ihre war auch bewusst, dass es vielen in ihrem Land nicht so ging. Seit Aya geboren wurde, versuchte Michelle sich nützlich zu machen und Mütter zu helfen, die es nicht so gut hatten. Angefangen bei kleinen Dingen, bis hin zu einer Krankenversicherung. Ein Kind auf die Welt bringen, sollte etwas Wunderbares sein und nichts wovor man Angst hatte, weil die Kosten zu hoch waren. Doch unter einem Präsidenten wie Trump würde sich gar nichts ändern, es wurde nur immer alles Schlimmer. Michelle war es bis heute unbegreiflich wie man einen narzisstischen Reality-Star zum Präsidenten wählen konnte. War ihr Heimatland wirklich so dumm? War es so blind? Sah man nicht, dass dieser Mann nichts für Amerika tat, sondern sie DIE Nation war über die, die ganze Welt lachte. Michelle selber war auf die Straße gegangen und hatte laut stark gegen ihn demonstriert. Doch am Ende war es nur eine Stimme die gegen einen Sturm ankämpfte. Irgendwann verstummte jede Stimme, wenn sie nicht gehört wurde. Das Land machte weiter und hoffte, dass seine Zeit irgendwann vorbei war. Mit einem Seufzen lehnte sie sich zurück und lächelte ein wenig über sich selber. Es ging hier um sie und ihre Mutter, nicht um einen Mann, der vollkommen falsch in seinem Amt war. Mit einem kleinen Lachen, das kaum zu hören war blickte sie zu Ian auf. "Nur weil deine Mutter dich liebt, wie du bist, macht das meine nicht. Ich glaube sie wollte immer, dass ich ein richtiges Mädchen bin. Kleider, Puppen, Tee Partys. Sie nimmt es mir übel, dass ich nicht die kleine perfekte Prinzessin war. Ich bin unter Jungs aufgewachsen. Ich bin nicht die feine Dame, die sich immer in Kleider schmeißt. Ich mag die Dinger nicht mal, ich zieh sie nur an, weil das in Hollywood gern gesehen wird. Doch meine Mutter hält mir genau dieses Verhalten auch noch heute vor." Schwer atmete aus und dann wieder ein. Michelle musste gestehen Ian war ein guter Zuhörer vielleicht auch, weil er sie nicht so gut kannte. "Meine Mutter ist vollkommen ausgeflippt. Noch nie hatte ich sie so erlebt, nicht einmal als ich von der Schule geschmissen wurde. Immer wieder hieß es Sünde, Sünde, Gott, Sünde. Als wäre jeder Christ ein Unschuldslamm und fromm noch dazu. Versteh mich nicht falsch jeder kann glauben an was auch immer er will, aber das heißt noch lang nicht, dass man deshalb jeden seinen Glauben auf´s Augen drücken kann. Ich bin ich und das ist gut so." Michelle war nicht immer so selbstsicher, sie hatte lang gebraucht ihren Platz in dieser Welt zu finden und das auch wegen ihrer Mutter. Immer wieder hatte sie sich gefragt, ob sie nicht doch etwas an sich ändern sollte. Sollte sie weiblicher sein, mehr auf ihre Äußeres achten und sich benehmen? Über Jahre hat sie immer wieder versucht, genau das zu sein, was man von ihr erwartet hatte. Bis sie sich irgendwann selber verloren hatte und ihren Frust in Alkohol oder lauten Worten äußerte. Immer wieder war sie ungewollt, mit ihrem Verhalten, in den Schlagzeilen gelandet. Es hatte Michelle wichtige Deals gekostet. Heute war ihr das klar, damals aber war es der Texanerin vollkommen egal. Wie sollte man eine Rolle spielen, wenn man sich selber nicht gefunden hatte? Gar nicht. Von Hauptrollen, zu Nebenrollen, zu kleinen Auftritten. Ohne TFATF wäre sie wahrscheinlich schon längst aus dem Rampenlicht verschwunden. Freunde brachten sie auf den roten Teppich und nicht sie selber. Doch seit Aya auf der Welt war, war es recht, wenig öffentliche Auftritte zu haben. Ihr war egal, wie viel Geld sie verdienen konnte, ihr war egal welche Rolle man ihr anbot. Ihr größte Rolle war und blieb die, eine gute Mutter zu sein und Aya zu einer jungen, selbstbewussten Frau zu formen. "Ich hab so lang gesucht, wer ich bin, dass ich meinen Frust in Alkohol ertrunken habe. Nichts fühlen, nicht sehen, nichts hören genau das war Alkohol für mich gewesen. Ein Mittel um mich nicht ständig selber zu fragen, wer ich bin?" Sie legte die Karte in ihrer Hand auf den Tisch, weil diese sonst nicht den Abend überstanden hätte. "Meine Mutter hat ihre altmodischen, eingefahren Ansichten von Familie und Ehe. Dabei sollte man aber erwähnen, dass sie zum zweiten Mal verheiratet ist." Ihren eigenen Vater erwähnte Michelle nie und das aus einem sehr guten Grund. Sie kannte ihn nicht. Nicht im üblichen Sinn, wie man seinen Vater kennen sollte und vielleicht war das auch eins ihrer Probleme. Doch was brachte es wieder darüber nachzudenken, ihre Vergangenheit, war vergangen und sie war stolz auf die Frau, die sie heute im Spiegel anschaute. Michelles ganzen Gesicht hellte sich auf, wenn sie an Aya dachte. Ihre Tochter war das beste was ihr je passiert war. "Sie ist nur die Notlösung für Abende wie diese, die kurzfristig sind." Auch wenn sie im reinen mit sich war, hieß das noch lang nicht, dass sie auch Momente hatte in denen sie strauchelte und Hilfe suchte, wo keine war. Ihr Leben war nicht perfekt, sie war nicht perfekt aber an den meisten Tagen war Michelle glücklich.
Ihr Blick blieb bei Ian hängen, bevor sie ihren Kopf etwa neigte und ihn weiter anschaute. "Da spricht jemand aus Erfahrung. Nicht jeder dem man als Familie bezeichnet, bleibt auch Familie. Manche Menschen zeigen ihr wahres Gesicht erst, wenn man sich nicht so verhält wie sie es gern hätten. Man kann es nicht jedem recht machen. Man muss sich die Leute besonders gut aussuchen, besonders in unserer Welt. Wir treffen auf so viele Menschen, die vorgeben an uns interessiert zu sein. Ich brauch nicht hundert Menschen um mich, ich brauch die richtigen um mich herum, die mir guttun ohne sich verstellen zu müssen." Michelle hatte auch diese Lektion auf schmerzhafte Weise gelernt. "Ich glaube umso älter man wird umso mehr kann man zwischen Freund und Feind unterscheiden. Es wird immer Menschen geben, die dich wie eine Zecke aussaugen wollen, nur um schnell selber die Erfolgsleiter hinaufzuklettern aber auch die erkennt man mittlerweile doch recht gut. Älter und weißer." Lachend blickte sie auf ihre Hände, die sie ineinander verschlungen hatte. Vieles hätte Michelle anders machen können aber vieles hatte sie auch genau richtige gemacht. Der Schauspielerin war es ganz recht, dass sich das Gesprächsthema seinem Leben zu wand. Über ihres hatte sie heute genug nachgedacht. Michelle war nicht zum Meeting gegangen, um dann dennoch zur Flasche zu greifen, weil sie zu viel nachdachte. Dafür waren die Meetings sicher nicht gedacht. Jetzt ging es also um Nina. Nina Dobrev gehörte zu den Menschen in ihrem Leben, die sie kannte, sah und auch gleich wieder vergaß. Das war keine böse Absicht von ihr, Nina und sie verband nichts außer ihre gemeinsamen Freunde. So war es auch mit Nikki, sie kannte sie aber zählte sie nicht zu ihren Freunden. "Interesse! Du? Versteh mich hier nicht falsch aber nach euer Aktion wundert es mich nur." Man musste schon blind gewesen sein, um nicht zu lesen oder zu hören was vor sich gegangen war." Nina und Ian waren getrennt aber dennoch sprang man nicht mit der besten Freundin oder dem Exfreund ins Bett. Wobei das etwas war, was man wahrscheinlich irgendwann verziehen hätte. "Ihr beiden habt es auf die Spitze getrieben. Wärst du mein Ex gewesen, würdest du jetzt ein bis zwei Oktaven höher singen. Aber bist du nicht, also urteile ich nicht. Am Ende muss jeder mit dem was er macht im reinen Sein und auch wissen, was es wert war um das eigne Glück in seinen Händen zu halten." Das war keine Meinung, sondern mehr eine Lebenseinstellung, sie war sicher niemand der alles immer richtige gemacht hatte. Liebe war so ein Ding, sie kam wenn man sie nicht erwartete und verschwand, wenn man sie am meisten brauchte. Auch sie bildete keine Ausnahme, vielleicht war sie deswegen allein, weil sie zu oft enttäuscht wurde und einfach keine Lust mehr auf diesen Schmerz hatte, der Liebe hinterlassen konnte. "Doch glaubst du wirklich sie will dich sehen oder gar hören? Ich hab sie schon eine Weile nicht mehr gesehen aber einiges über sie gelesen." Natürlich hatte Michelle die Schlagzeilen nicht überlesen könne, was bei der Kanadierin schieflief aber sie kannte sie bei weiten nicht so gut, dass sie Hilfe anbieten könnte. "Ich liebe euch Männer. Ihr stellt es euch so einfach vor. Frauen und verletzte Gefühle sind so eine Sache für sich. Nur weil du es an der Zeit findest den Groll, denn sie hegt, zu beenden, heißt das ja noch lang nicht das es Nina will." Nina war sicher nicht begeistert, wenn ihr Exfreund vor der Tür stand und dann ihr auch noch aufzeigte, dass sie zu viel trank und sich daneben benahm. Die texanische Schauspielerin würde ihm eine knallen und die Tür ins Gesicht schlagen, wenn sie an Ninas Stelle wäre. Doch die ehemalige TVD Darstellerin musste am Ende selber entscheiden, was sie wollte. Hilfe kam manchmal aus einer Richtung, die man niemals erwartet hatte. Doch war es dann nicht meist genau diese Hilfe, die einem das Leben ändern ließ. Also konnte Ian durchaus Erfolg haben. "Versuch nicht mit der Tür ins Haus zu fallen, das kommt nie gut. Versuch es mit einem Hallo." Lachend schaute sie ihn an. "Hätte mir damals jemand gesagt, dass ich zu viel trinke und eine Alkoholikerin bin, hätte ich ihm einen geknallt und einfach weiter gemacht. Es gibt keinen richtigen Weg bei so etwas. Solang sie nicht will, kannst du reden wie du willst. Aber wem erzähl ich das, du weißt am besten, dass man den Weg allein gehen muss." Beide, sie und Ian, hatten erst auf die Schnauze fallen müssen, um einzusehen, dass ihr Leben so nicht weiter gehen konnte.
Dankend nahm Michelle ihren Kaffee entgegen, um gleichen einen kleinen Schluck zu trinken. Wahrscheinlich war das ein Fehler, so spät sich noch auf das braune Gebräu zu stürzen, aber sie kam sicherlich nicht sofort zum Schlafen. Schlaf war in letzter Zeit so etwas wie Luxus. Aya schlief nicht mehr durch und Michelle zahlte den Preis. Mittlerweile wusste sie zu unterscheiden, wenn ihre kleine Tochter wirklich etwas hatte oder wenn sie nur Aufmerksamkeit wollte. Das hielt sie aber nicht davon ab, in der Nacht ihr Lungen zu testen aber auch das gehörte dazu eine Mutter zu sein. "Wir sollten nicht wieder den Kontakt verlieren. Mit dir kann man sich recht gut unterhalten." In ihrem Ton hörte man deutlich heraus, dass sie es scherzhaft aber dennoch ernst meinte. "Nur wenn du dann zu Hause nicht noch mehr Ärger bekommst." Die Brünette wollte sicher nicht, noch mehr Ärger für ihn mit seiner Frau. Ian war ein Mann, denn viele Frauen wollten also konnte man als eifersüchtige Ehefrau auch schnell überreagieren. Man musste blind sein, um nicht zu erkennen, dass Ian ein gutaussehender Mann war und die Rolle des Vampirs Damon in TVD machte wohl den Rest. Realität verschwamm mit Fiktion. Sie selber konnte ein Lied davon singen. Vin und sie waren Freunde, kein Paar und das würde auch immer so bleiben. Doch auch hier verschwamm Realität mit Fiktion. "Also wie lang kann ich dich heute beanspruchen?" Der Abend war jung und sie auch, also warum nicht seine Gesellschaft ausnutzen. Nikki hin oder her.