12.03.2021, 08:57
Es war wohl etwas naiv von ihr gewesen zu denken, dass sie ihre gemeinsame Vergangenheit nicht ansprechen würde. Denn eigentlich war sie bisher der Meinung gewesen, dass sie mit der ganzen Situation recht gut abgeschlossen hatte. Doch nun, da sie ihn wahrhaftig vor sich stehen hatte, brachen alle Gefühle wie eine Flutwelle ein – und sie sprach hier nicht nur von den negativen und verbitterten Gedanken, sondern auch von der Zuneigung, die sie immer noch für ihn empfand, wenn sie in sein Gesicht blickte. Machte sie das schwach? Sie wusste es nicht, wollte ihn aber auf keinen Fall spüren lassen, dass es durchaus noch einen Teil in ihr gab, welcher ihm mehr als wohlgesonnen war.
Womöglich brauchte Candice dieses Gespräch auch einfach, um einen Schlussstrich ziehen zu können – und wenn sie sich das nächste Mal begegneten würde er einfach nur ein ehemaliger Freund sein. Zwar bezweifelte sie dies innerlich, dennoch hinderte sie es nicht daran, dass sie endlich seine Sicht der Dinge hören wollte. Diesen Wunsch erfüllte er ihr im nächsten Augenblick und gebannt lauschte sie seinen Worten. Ja, sie konnte sich gut daran erinnern wie begeistert er von diesem Casting und den dazugehörigen Büchern gesprochen hatte. Selten hatte sie jemanden erlebt, der so viel Leidenschaft für ein Projekt hegte, von welchem er noch nicht einmal Teil war. Dennoch gab es eine kleine Sache, die ihr schwer im Magen lag und als sie ihn sein ehrliches Gesicht blickte, sah sie nicht ein, diese für sich zu behalten. „Ich glaube dir – und ich kann auch nachvollziehen, dass dich das Ganze damals wohl einfach überrumpelt hat. Es ist nur so…ich bin einfach davon ausgegangen, dass dir unsere Beziehung damals genauso wichtig gewesen ist wie mir. Dass ich dir genauso wichtig gewesen bin wie du mir.“, erklärte sie langsam und ohne jeden Vorwurf in der Stimme – stattdessen zierte ein trauriges Lächeln ihr Gesicht und sie hielt seinem Blick kurz stand, bevor sie auf ihre Hände blickte. Sie hatte diese Aussage nicht gemacht, um das Gegenteil von ihm zu hören. Nein, diese Worte hatten ihr einfach schon zu lange auf der Seele gebrannt und wenn er seine Mauern endlich fallen ließ, dann könnte sie das ruhig auch tun. Dass sie ihre Beziehung zueinander verschieden gewichtet hatten, war der Dunkelhaarigen nun vollkommen klar, genauso wie die Tatsache, dass sie die Vergangenheit ein für alle Mal abharken musste.
Sie verspürte eine gewisse Erleichterung, als sie dann schließlich auf ein etwas unverfänglicheres Thema zu sprechen kamen. Zumindest erschien es ihr unverfänglich, bis er seine Einladung nach London aussprach. Für einen kurzen Moment glaubte sie tatsächlich, dass er sie auf dem Arm nehmen wollte, doch sein ernster Gesichtsausdruck sprach Bände. „Ja vielleicht… ich fände es schön wieder einmal die Stadt zu erkunden.“, antwortete sie nach einer kurzen Pause und diesmal bildete sich sogar ein ehrliches Lächeln auf ihren Lippen – welches jedoch prompt verschwand, als der Aufzug begann leicht hin- und her zu ruckeln. „Was zum…. Bewegen wir uns etwa wieder?“, fragte sie mit einem hoffnungsvollen Blick zu Richard – sie konnte es kaum erwarten aus diesen vier Wänden zu verschwinden.