21.12.2020, 10:03
Es war Jessica durchaus bewusst, dass sie ziemlich schnell das Weite gesucht hatte, aber dies kam ihr in diesem Augenblick einfach richtig vor. Abstand gewinnen. Die Rothaarige wusste, dass dieser Dreh ihr den letzten Nerv rauben würde, aber dass es wirklich so an ihren Nerven zehren würde… daran hatte sie nie gedacht. Es war ein reiner Balance-Akt. Auf der einen Seite war Jess wirklich froh, dass die Beiden immerhin so professionell waren, dass es sich nicht auf den Film auswirkte. Privat sah doch alles ganz anders aus. Denn auf der anderen Seite spürte die 41-Jährige jedes Mal einen Stich in ihrer Brust, wenn sie in James‘ Gesicht schaute. Sie war damals wirklich sehr in den Briten verknallt gewesen, beinahe wie ein Teenager, der gerade die Liebe entdeckt hatte. Und? Ihr wurde das Herz herausgerissen, weil sie sich einfach in den falschen Mann verliebt hatte. Diese Gefühle kamen immer wieder an die Oberfläche, wenn James in ihrer Nähe war. Sie wollte doch einfach nur abschließen. Natürlich liebte Jessica ihren Ehemann, aber… beruflich jemanden zu küssen, den man von ganzem Herzen geliebt hatte, ließ nicht einmal die Schauspielerin kalt. Auf der einen Seite waren die negativen Gefühle, die einfach nur schmerzten. Auf der anderen Seite merkte sie, dass ein Stück von ihr immer noch James hing. Verdammt, wie sollte sie nur damit umgehen? Es machte es nicht besser, dass sie aufgrund des gemeinsamen Drehs stundenlang aufeinander hockten, auch wenn sie versuchten sich zu jeder Gelegenheit aus dem Weg zu gehen. Da würde Jess lieber die Variante ‚ab auf zwei unterschiedliche Kontinente‘ bevorzugen.
Beinahe mechanisch war die 41-Jährige zu den Getränken gelaufen. Wasser! Sie musste James‘ Geschmack von ihren Lippen bekommen, sonst würde sie wahnsinnig werden. Noch war sie alleine hier, da die meisten Crewmitglieder das Set umbauten. Jess zog zwar eine Wasserflasche zu sich, stützte sich dann aber mit beiden Händen auf dem Tisch ab. Sie seufzte laut und hatte das Bedürfnis laut aufzuschreien, um ihren Gefühlen Luft zu machen. Das ließ sie dann aber lieber.
Kurz darauf schaute die Rothaarige wieder auf und wollte nach ihrem Wasser greifen, da spürte sie wie jemand seine Hand auf ihre legte. Es war James. Na super. Schon wieder drang sein After Shave in ihre Nase und benebelte alles, was eigentlich normal funktionieren sollte. Automatisch atmete die Schauspielerin tief ein, als würde sie die Luft anhalten wollen. Irgendwie kam ihr das in diesem Moment richtig vor und wenn sie dabei das Atmen vergessen würde, egal. Dann würde sie ohnmächtig auf dem Boden liegen und wäre kurz von ihrem Gedankenwirrwarr befreit, welches sie seit Tagen nicht richtig schlafen ließ. Es waren die Worte des Briten, die sie wieder ins Hier und Jetzt holten. So atmete sie aus, um nicht ganz so angestrengt zu wirken, dann lächelte sie schief, um nicht ganz so verbittert zu wirken. Dass James‘ Hand immer noch auf ihrer ruhte, als würde sie genau dort hingehören, spürte sie schon gar nicht mehr. „Ja. Ich würde aber sagen, dass das unsere Berufung ist. Das Privatleben hat vor der Kamera nun einmal nichts zu suchen und dafür haben wir das ziemlich gut gemacht.“ – endlich ließ James sie los. Jessica nahm sich die Wasserflasche und setzte sich an einen der Tische, um endlich einen Schluck zu trinken. Sie hatte nun einmal recht, egal wie es in einem aussah. Vor der Kamera musste man funktionieren, sonst wurde man nicht nochmal für solche Rollen gebucht. So einfach war das. „Fragst du dich auch manchmal, warum ausgerechnet wir Zwei für diese Rollen vorgesehen wurden?“ – Jess schaute ihn nicht an, spielte lieber am Etikett der Wasserflasche rum. Sie glaubte eigentlich nicht an so etwas wie Schicksal, ein bisschen strange war es trotzdem.