22.01.2021, 09:22
Mélanie war noch dabei das Gespräch von vorhin mit Ben zu verdauen. Sie hatte mit Widerstand gerechnet, keine Frage, aber das was Ben abgezogen hatte, hatte die Blonde dann doch sehr überrascht. So saß sie nun auf der Couch von Paul, unfähig einen klaren Gedanken zu fassen und deutliche Worte zu finden. In dieser Trance bemerkte die Französin erst, dass der Schauspieler sich neben sie gesetzt hatte, als sie seinen Arm um ihre Schulter spürte. Für einen Augenblick schenkte sie dem Älteren ein schwaches, aber dankbares Lächeln, ehe sie ihren Kopf auf seine Schulter legte. Mél war so wütend auf ihren Ehemann, ihr Herz raste noch immer. Die Schauspielerin schloss ihre Augen und atmete einige Mal tief durch. Die 34-jährige musste sich beruhigen und tatsächlich ging es ihr von Minute zu Minute ein Stück weit besser. Es war faszinierend, was die Nähe und tröstendes Tätscheln eines guten Freundes bewirken konnte. Genau das war Paul im letzten Jahr geworden. Ein guter Freund. Ein sehr guter sogar, wie sich im nächsten Moment zeigen sollte.
Als Paul mit den Getränken wieder zurück ins Wohnzimmer kam, wartete Mélanie ab. Sie wollte nicht drauflos plappern, um ihm zu sagen, dass er seine Verabredung für sie nicht absagen hätte müssen. Immerhin war er für das Telefonat in die Küche gegangen und auch wenn er seine eigene Wohnung wohl gut genug kannte, um beurteilen zu können, wie weit man ein Gespräch hören könnte, wollte die Schauspielerin nicht wie eine Lauscherin rüberkommen. Die 34-Jährige war schließlich der Meinung, dass sie sich diesbezüglich auch gar nicht outen musste, sondern Paul ihr den Grund für sein Telefonat mitteilen würde. Doch so war es nicht. Er begann gleich damit, dass er ihre Geschichte von Anfang an hören wollte. Ein kleines Schmunzeln legte sich auf die Lippen der Schönheit. Eigentlich hätte es ihr klar sein müssen. Paul war keiner jener Ritter in strahlender Rüstung, die sie auffällig zur Schau stellten, um Ruhm zu ernten. Der Amerikaner versteckte sie unter seinem schicken Sakko und hinter Weight Watchers-Witzen.
„Es läuft also nicht gut zwischen Ben und dir.“ Mélanie war überrascht, welche Wirkung diese Worte aus dem Mund eines anderen auf sie hatten. Sie trafen die Blonde mit einer Wucht, auf die sie nicht vorbereitet war. Ihr Mund wurde staubtrocken und ihre Hände begannen leicht zu zittern. Sie griff nach dem Wasserglas auf dem Tisch und nahm einen großen Schluck. Sie stellte das Glas nicht wieder auf den Tisch zurück, sondern auf ihren Oberschenkel ab und hielt es fest. Mél spürte, wie das Glas sich durch ihre zittrige Hand auf ihrem Schenkel leicht hin und her bewegte. Bisher wussten nur Ben und Mélanie um die Probleme in ihrer Ehe, wobei man Ben auch nicht ganz zählen konnte. Der Techniker verschloss sich weiterhin davor. Dennoch hatten diese Probleme ihre eigenen vier Wände noch nie verlassen. Aber nun hatte Mél sie über diese Grenzen getragen und das Problem von Paul laut ausgesprochen zu hören, machte es nur noch realer. Es nahm der Blonden die Möglichkeit den Umstand zu ignorieren. So wie sie es die letzten Monate ignoriert hatte und nicht wahrhaben wollte. Diese Chance bestand jetzt nicht mehr, denn es gab nun jemanden der Bescheid wusste. Jemand, der sich in Zukunft erkundigen würde. Es gab nun keinen Rückzieher mehr und das machte die Französin nervös. Sie konnte nun nicht mehr so tun, als wäre alles in Ordnung. Während Paul weitersprach, nahm sie noch einen Schluck von dem Wasser. Sie hatte keinen Durst, aber ihre Kehle fühlte sich zu trocken zum reden an. Mél stellte das Glas wieder auf ihrem Oberschenkel ab, dann begann sie zu erklären. Diesmal nicht mehr so in Rätseln.